Braucht Dein Kind ein Smartphone? Was dafür und dagegen spricht – und was Experten empfehlen

Junge liegt ohne Smartphone mit geschlossenen Augen im Laub

Kinder und Medien − das ist ein weites Feld. Ein sehr weites Feld. An das ich mich bisher nicht so recht herangetraut habe.

Als ich aber neulich nach einem Gastartikel1 zum Thema Familie und Digital Detox gefragt wurde, war ich wieder damit konfrontiert.

Ich wusste: Darüber muss ich schreiben. Weil es unglaublich wichtig ist. Weil viele Eltern Fragen haben und zunehmend überfordert sind. Ebenso die Lehrer.

An der generellen Überforderung werde ich nur wenig ändern können. Denn wie gesagt, das Thema ist sehr vielschichtig, und die rasante Entwicklung digitaler Medien bringt uns alle an unsere Grenzen.

Trotzdem hoffe ich, dass meine Beiträge für Dich als Mutter oder Vater ein hilfreicher Wegweiser sind, mit dem Du zumindest weißt, in welche Richtung Du mit Deinen Kindern gehen und wo Du Dich weiter informieren kannst.

In diesem Artikel beschäftige ich erst einmal mit der grundsätzlichen Frage, ab wann Kinder ein normales Handy bzw. Smartphone bekommen und wie sie es nutzen sollten. Demnächst folgt dann ein weiterer Beitrag, in dem ich Dir Tipps an die Hand gebe, wie Du den Digital-Detox-Gedanken auch in Deiner Familie umsetzen kannst.

Diskussionsthema Nr. 1: Smartphone oder nicht?

Vorweg: Ich habe keine eigenen Kinder. Aber ich habe Familie und Freunde und ich habe Augen und Ohren. Ich bekomme natürlich mit, dass gerade das Smartphone in den meisten Familien ein heiß diskutiertes Thema ist.

Weil es Zugang zur gesamten (Internet-)Welt bietet, also auch zu Inhalten, die für Kinder ungeeignet sind, ist die Nutzung des Smartphones bei Kids mit Vorsicht zu genießen.

Viele Eltern fragen sich deswegen:

  • Ab wann sollte mein Kind ein Handy bekommen?
  • Was spricht dafür, was dagegen?
  • Wenn es eins bekommt, wie mache ich das Gerät möglichst sicher?

Ich erinnere mich noch gut an eine Situation, die sich in meiner Familie letztes Jahr an Weihnachten ereignete: Der neunjährige Sohn meiner Cousine bekam eine merkwürdige WhatsApp-Nachricht von einer unbekannten Nummer.

Als sein Vater die Nummer anrief, um herauszufinden, wer seinem Sohn schrieb und woher er die eigentlich geheime Handynummer seines Sohnes hatte, hatte er einen Jungen in der Leitung, der nicht einmal Deutsch sprach.

Die Situation ließ sich an dem Abend nicht klären. Der Kleine war vollkommen aufgekratzt − und wir Erwachsenen waren besorgt.

An diesem Beispiel zeigen sich die Tücken moderner Kommunikationsmittel. Das Gute war, dass der Sohn meiner Cousine seinen Eltern sofort die Nachrichten zeigte und sie dadurch schnell handeln konnten.

Wäre er ein paar Jahre älter gewesen, hätte er es vielleicht nicht mehr getan. Und vielleicht wäre am anderen Ende auch kein kleiner Junge gewesen.

Ab wann ist Dein Kind "reif" für ein Smartphone?

Es lässt sich diskutieren, ab wann Kinder ein Smartphone bekommen sollten. Am Ende ist es immer die Entscheidung der Eltern.

Ich persönlich finde, dass Kinder vor der fünften Klasse kein Smartphone haben sollten. Wir müssen Kinder nicht früher als nötig mit allen möglichen technischen Gadgets zuwerfen und überfordern. Vor allem dann nicht, wenn wir das Ganze selbst nicht richtig im Griff haben.

In den "Goldenen Regeln" der Medienerziehungs-Initiative "Schau hin!" heißt es zum Thema Handy bzw. Smartphone bei Kindern:

Für die Handyanschaffung lautet die allgemeine pädagogische Empfehlung nicht vor dem neunten Geburtstag. Für jüngere Kinder kann ein „Notfallhandy“, beispielsweise für den Heimweg nach der Schule, sinnvoll sein. Ein Smartphone empfiehlt sich erst dann, wenn Sie sicher sind, dass Ihr Kind die Gefahren des Internets kennt und weiß, wie es sich schützt. Diese Reife erreichen Kinder ungefähr im Alter von 12 Jahren.2 − Schau-hin.info

Klicksafe, eine Initiative für Sicherheit im Netz, gibt dagegen keine konkrete Altersempfehlung:

Wenn Sie die Erfahrung gemacht haben, dass Ihr Kind entsprechend gut mit den im Handy enthaltenen Medien umgehen kann, es Absprachen hierzu einhält und weiß, dass es Sie bei Problemen immer ansprechen kann, und Sie ihm hier ausreichend vertrauen, dann kann Ihr Kind auch fit für das erste Handy sein.3 − Klicksafe.de

Wenn Du noch keine Entscheidung treffen kannst, dann helfen Dir vielleicht die folgenden Pro und Contras weiter.

Was bei Kindern für ein Smartphone spricht

Kinder mit einem Smartphone auszurüsten, kann einige Vorteile haben:

  • Der Sicherheitsaspekt ist DAS Argument für ein Smartphone. Wenn auf dem Weg zur Schule etwas passiert oder Ihr verabredet seid, Euer Kind aber nicht auftaucht, kann ein Gerät mit eingeschalteter GPS-Funktion sogar Lebensretter sein. Es vermittelt ein Sicherheitsgefühl auf beiden Seiten, weil Euer Nachwuchs jederzeit anrufen kann, wenn er sich unwohl fühlt.
  • Mit dem Smartphone lassen sich Kinder natürlich auch besser kontrollieren. Verspäten sie sich, lässt sich durch eine Nachricht oder einen Anruf schnell herausfinden, was los ist. Allerdings ist das Handy ist ein Teil der Privatsphäre, ähnlich wie bei uns früher das Tagebuch. Es ist eine schwierig zu beantwortende Frage, ob Du als Elternteil das Recht hast, das Gerät der Kids zu checken.
  • Die Organisation von Terminen fällt leichter, wenn alle per Smartphone erreichbar sind, evtl. sogar einen Familien-Terminkalender gemeinsam nutzen. Wenn sich bei den Kindern oder bei Euch etwas ändert, kann bequem übers Handy umgeplant werden.
  • Viele Kids sind heute in WhatsApp- oder Facebook-Gruppen. Einladungen zu Geburtstagspartys verschicken sie genauso per Handynachricht wie das neuste Video, das auf dem Pausenhof Gesprächsthema ist. Smartphones sind nicht nur Statussymbol, sie erweitern die soziale Integration des Nachwuchses. Wer keins hat, kann schnell aus der Clique raus sein. Trotzdem ist es fraglich, ob wir unsere Kinder zu "Mitläufern" erziehen wollen, die jeden Trend mitmachen, nur um dazu zu gehören. Hier kommt es auch darauf an, was das Kind für sich möchte.
  • Smartphones können uns bei der Kommunikation mit den Kids helfen. Sich miteinander Bilder und Videos anzuschauen und darüber zu sprechen, verbindet genauso, wie über Messenger in Kontakt zu bleiben. Aber auch hier würde ich es nicht übertreiben: Die Mama will kein Kind als Facebook-Freundin haben.

Was bei den Kids gegen ein Smartphone spricht

Neben der teureren Anschaffung und der Empfindlichkeit spricht einiges gegen das Smartphone in Kinderhänden:

  • Ich habe in meinem Artikel über Unterbrechungen erklärt, warum uns insbesondere Smartphones davon abhalten, in den Flow zu kommen. Das ist nicht nur bei uns Erwachsenen so, sondern auch bei Kindern. Wenn ein Kind jedes Mal, wenn das Handy bimmelt, aus seinem Tun gerissen wird, sind Konzentrationsschwierigkeiten vorprogrammiert.
  • Der Suchtfaktor, der aufgrund der Dopaminausschüttungen von jedem Smartphone ausgeht, wirkt auch auf Kinder. Im Zweifelsfall erziehst Du Dein Kind zum digitalen Junkie, wenn Du es nicht ausreichend aufklärst und den Zugriff nicht konsequent reglementierst. Das gilt natürlich auch für die Spiele, die auf dem Smartphone installiert sind.
  • Cybergrooming ist der Albtraum aller Eltern. Dass sich ein Erwachsener über eine App oder ein Onlinespiel mit sexuellen Absichten an ein Kind heranmacht, ist gar nicht so selten. Ein Smartphone erhöht die Gefahr allein schon deshalb, weil wir nicht immer dabei sind, wenn das Kind es nutzt, was bei einem stationären Familien-PC zuhause, der zum Beispiel im Wohnzimmer steht, anders ist. Das gilt sowieso für alle problematischen Inhalte.4
  • Gut gemeinte Vorhaben, Kinder mit Smartphones, Tablets usw. auf die aktuelle Technik und die Arbeitswelt vorzubereiten, sind überflüssig. Dein Kind wird sich diese Technik ohnehin aneignen − zumal sie sich ja auch ständig weiterentwickelt − und die meisten Apps etc. sind heute selbsterklärend. Unsere Aufgabe sollte vielmehr sein, dem Kind dabei zu helfen, einen bewussten, kompetenten Umgang mit der Technik zu erlernen.
  • "Alle anderen haben aber auch eins!" Diese Argumentation zieht seit Generationen bei vielen Eltern. Es mag den Kids auch subjektiv so erscheinen, als habe JEDER ein Smartphone. Wissenschaftliche Studien sagen aber etwas anderes: Laut der aktuellen KIM-Studie5 aus 2016 besitzen rund die Hälfte aller 6- bis 13-Jährigen ein Handy oder Smartphone. Dass nicht differenziert wird zwischen konventionellen Handys und Smartphones, lässt den Schluss zu, dass weniger als die Hälfte ein modernes Smartphone besitzt und eben nicht alle. Und übrigens: WhatsApp darf laut Nutzungsbedingungen erst ab 16 Jahren genutzt werden (die Altersgrenze von 13 Jahren galt bis Frühjahr 2018).

Wie Du das Smartphone kindersicher machst

In vielen Fällen tut es auch erstmal ein herkömmliches Handy. Wenn Du Dich dennoch dafür entscheidest, Deinem Kind ein Smartphone zu erlauben, dann solltest Du es mit der Nutzung auf keinen Fall allein lassen.

Es gibt zudem zahlreiche Möglichkeiten, wie das Du das Gerät so einrichtest, dass es altersgerecht genutzt werden kann. Das minimiert die Gefahren.

Hier kannst Du Dich über kindgerechte Sicherheitseinstellungen für Android und für iOS informieren.

Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Artikel weiterhelfen. Er ist ein Einstieg in ein sehr komplexes Thema. Gerade Eltern werden nicht drum herum kommen, sich ständig und umfassend zu informieren. Die hier genannten Seiten sind dafür gute Anlaufstellen.

Im nächsten Artikel dazu gebe ich Dir viele Tipps, wie Du dafür sorgen kannst, dass alle in Deiner Familie bewusst mit digitalen Medien umgehen.

Wie stehst Du zum Thema Kids und Smartphone? Lass es mich in den Kommentaren wissen!

Fußnoten

  1. Den Gastartikel zum Thema Familien-Digital-Detox findest Du auf Yogamami.blog.
  2. Hier findest Du alle "Goldenen Regeln" für Kinder von drei bis sechs Jahre und von sieben bis zehn Jahre.
  3. Den ganzen Artikel über Handynutzung bei Kindern gibt's bei Klicksafe.
  4. Hier erfährst Du, wie Du Dein Kind vor Cybergrooming schützen kannst.
  5. Hier kannst Du Dir die gesamte KIM-Studie anschauen.

2 Kommentare bei „Braucht Dein Kind ein Smartphone? Was dafür und dagegen spricht – und was Experten empfehlen“

  1. Vielen Dank für den ausbalancierten Artikel - als Mama (Tochter 16, Sohn 11) und Lern- und Prüfungscoach habe ich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Thema zu tun. Handys zu verteufeln ist sicherlich falsch - aber Eltern müssen einfach ihre Erzieher-Rolle aktiv annehmen. Kinder können sich hier nicht selbst regulieren, dafür sorgen schon die Algorithmen bei Instagram, WhatsApp und Co.

    Trotzdem - immer im Gespräch bleiben, Regeln aushandeln und immer wieder auf den Prüfstand stellen, Offline-Zonen einrichten und auch selbst einhalten. Das ist der schwierigste Part. ER-wischt.

    1. Hallo Nicole,

      danke dir für einen Deinen Beitrag, den ich viel zu spät gesehen habe. Ich glaube auch nicht, dass es hilft, das Handy aus ihrem Leben fernzuhalten. Aber unkontrollierter Zugang dazu ist sicherlich kein guter Weg - schließlich haben selbst viele Erwachsene Probleme, ihre Nutzung im Griff zu behalten. Daher auch mein Rat, eine "vernünftige" Nutzung vorzuleben - wenn es auch nicht immer leicht ist. 😉

      Viele Grüße
      Karo

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