Eltern, Kinder, Smartphones: 10 Tipps, wie Deine Familie bewusster mit digitalen Medien umgeht (Teil 2)

Junge Familie offline in der Natur

Den zweiten Teil meines Artikels zum Thema Digital Detox und Familie möchte ich mit der aktuellen BLIKK-Studie1 eröffnen, die letzte Woche von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vorgestellt wurde. Hier die wichtigsten Ergebnisse:

  • 70 Prozent der Kinder im Kita-Alter benutzen das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich.
  • Es gibt einen Zusammenhang zwischen einer intensiven Mediennutzung und Entwicklungsstörungen der Kinder.
  • Bei Kindern bis zum 6. Lebensjahr finden sich vermehrt Sprachentwicklungsstörungen sowie motorische Hyperaktivität bei denjenigen, die intensiv Medien nutzen.
  • Wird eine digitale Medienkompetenz nicht frühzeitig erlernt, besteht ein erhöhtes Risiko, den Umgang mit den digitalen Medien nicht kontrollieren zu können.

Der zuständige Institutsleiter resümiert:

Als Fazit der Studie ergibt sich, dass der richtige Umgang mit den digitalen Medien [...] frühzeitig kontrolliert geübt werden soll. Dabei müssen soziale und ethische Werte wie Verantwortung, reale Kommunikation, Teamgeist und Freundschaft auf allen Ebenen  der Erziehung gefördert werden. Kinder und junge Menschen sollen lernen, die Vorteile einer inzwischen globalen digitalen Welt zu nutzen, ohne dabei auf die Erlebnisse mit Freunden im Alltag zu verzichten. − Prof. Dr. Rainer Riedel

Wer also bisher dachte, dass Kinder Medienkompetenz einfach mal so "nebenbei" lernen und sich Eltern nicht weiter damit beschäftigen müssen: Nein, so ist es leider nicht.

Deswegen kommen hier meine fünf weiteren Tipps für einen bewussten Umgang mit digitalen Medien in Deiner Familie. Die ersten fünf Tipps findest Du hier.

#6 Sei Vorbild

Das gilt natürlich in Sachen Erziehung für so gut wie alle Bereiche. Klar. Aber vor allem in puncto Mediennutzung.

Wie sollen Deine Kinder den richtigen Umgang mit Smartphone und Co. erlernen, wenn Du Deinen Konsum selbst nicht unter Kontrolle hast?

Wenn Du beim Essen in Dein Handy starrst, abends stundenlang vorm PC sitzt oder dem Bimmeln Deines Smartphones eine höhere Priorität einräumst als dem Rufen Deines Nachwuchses, dann lernen Deine Kids, dass dieses Verhalten normal ist. Und sie werden es nachahmen.

Deswegen: Sei Deinen Kindern ein glaubwürdiges und authentisches Vorbild und zeige Ihnen, dass das analoge, reale Leben Vorrang hat!

Dazu findest Du neben meinen vielen Tipps hier auf dem Blog auch Unterstützung auf der Website der Medieninitiative "Schau hin!": Dort gibt es einen Elterntest, mit dem Du herausfindest, welcher Nutzungstyp Du bist und wie Du Deinen Kindern am besten den Weg zeigen kannst.

#7 Schau und hör hin

Als verantwortungsvolles Elternteil nimmst Du Deine Kinder ernst. Du hast bestimmt auch schon festgestellt, dass das Aussprechen von Verboten allein wenig bringt.

Wenn Du also beobachtest, dass Deine Kids übermäßig viel am Handy oder PC hängen, dann mecker nicht gleich los oder nimm ihnen gar einfach das Gerät weg.

Sondern frag sie, was genau sie damit machen und vor allem, warum es ihnen so wichtig ist. Und hör ihnen wirklich zu, wenn sie Dir eine Antwort geben.

Erst wenn Du den Grund ihrer (übertriebenen) Nutzung kennst, kannst Du auch entsprechend reagieren und ggf. sinnvolle Gegenargumente und Alternativen finden, mit denen Du Deine Kinder zum Umdenken animieren kannst.

#8 Setzt einen Mediennutzungsvertrag auf

Ich weiß, dass klingt schrecklich nach Bürokratie. Aber was nutzen irgendwann mündlich vereinbarte Regeln, wenn sie dauernd vergessen und nirgendwo festgehalten werden?

Gerade bei so einem vielfältigen Thema wie der Mediennutzung können wir auch schnell mal den Überblick verlieren. Wie geht Ihr das Ganze also an?

Nutzt am besten die Website Mediennutzungsvertrag.de. Auf dieser Seite findet Ihr Unterstützung beim Verfassen eines Regelwerks, das speziell auf Eure Familie abgestimmt ist.

Setzt Euch alle gemeinsam hin und verhandelt Eure individuellen Regeln und auch eventuelle Sanktionen, falls sie jemand brechen sollte. Anregungen gibt der Konfigurator der Website.

Am Ende habt Ihr Euren Mediennutzungsvertrag, den Ihr ausdrucken und an einen zentralen Platz in Eurem Zuhause hängen könnt. Auf dieses Dokument könnt Ihr Euch alle berufen.

Ich sage bewusst ALLE. Denn dieser Vertrag soll auch für die Erwachsenen gelten. Du bist ja schließlich Vorbild, nicht wahr?

#9 Schafft handyfreie (Zeit-)Zonen

Das ist ein ganz zentraler Tipp, den ich allen Menschen gebe, wenn es um Digital Detox geht. Er ist mit ein bisschen Konsequenz einfach umzusetzen und äußerst effizient. Deswegen ist er auch für Deine Familie ideal.

Denkt gemeinsam darüber nach, wo Ihr digitale Geräte und Medien nicht nutzen wollt bzw. solltet. In meiner Familie gilt zum Beispiel bis heute: Zur Essenszeit wird gegessen − und nicht gelesen, gemalt, gespielt oder am Handy rumgefummelt.

Es geht aber nicht nur um bestimmte Zeiten bzw. Anlässe, bei denen Smartphones unpassend sind. Sondern auch um bestimmte Orte, beispielsweise Räume in Eurem Zuhause. Denn ins Kinderzimmer gehören Mediengeräte bis zu einem bestimmten Alter nicht hin. Und auch im Bad haben sie nichts zu suchen, denn sie kosten gerade dort sehr viel Zeit. Ungünstig, wenn ein anderer die Toilette benutzen will und sie jemand mit dem Handy in der Hand besetzt.

Ihr könnt diesen Tipp übrigens leichter umsetzen, wenn Ihr damit bestimmte Rituale verknüpft. Das kann das gemeinsame Essen sein oder das Einsammeln aller Smartphones über Nacht in einer dafür vorgesehenen Schublade. Aber auch gemeinsame Spaziergänge am Wochenende, regelmäßige Ausflüge oder Spieleabende ohne Handy helfen. Je kurzweiliger, desto weniger vermissen alle das Teil.

Der Lerneffekt: Bewusst zu verzichten ist gar nicht so schwer und macht vor allem weniger abhängig.

#10 Zeig ihnen die Welt über den Displayrand hinaus

Hier schließt sich der Kreis. Denn dieser Tipp knüpft an den ersten in diesem Artikel an.

Wenn Du Deinen Kindern vorlebst und damit begreiflich machst, dass es eine Welt über den Displayrand hinaus gibt, die viel spannender und interessanter ist, dann hast Du schon so gut wie gewonnen.

Es ist an uns, den nachfolgenden Generationen zu zeigen, dass das wahre Leben immer noch offline stattfindet und dass die Onlinewelt eine Ergänzung und Erweiterung unserer realen Welt ist − und kein Ersatz.

Je mehr Du also mit Deinen Kids unternimmst, je mehr Du ihnen von der Offlinewelt zeigst und sie dazu animierst, auch mal mit nicht-elektronischem Spielzeug zu spielen oder echte Bücher zu lesen, desto mehr werden sie realisieren, dass sie auf die Onlinewelt nur bedingt angewiesen sind.

Hilf Deinen Kindern, zu selbstbewussten Menschen heranzuwachsen, die ihre ideale digitale Dosis kennen und mit ihr ein Leben in guter Balance führen können.

Ich bin sicher, Du schaffst das! Wenn Du Fragen oder Kommentare für mich hast, poste sie gern unter dem Artikel!

Fußnoten

  1. Hier gibt's mehr Infos zur BLIKK-Studie.

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